Samstag, 30. Juli 2011
Wetter: Regen
Wir treffen uns früh um halb neun am Leipziger Hauptbahnhof vor McDonald's. Von dort aus starten wir unsere Reise im Zug nach Görlitz über Dresden. In Görlitz irren wir erst mal durch den Regen in Richtung Osten, um den Bahnhof von Zgorzelec zu finden. Dank der Angestellten einer Tankstelle finden wir ihn bald.
Der Zug von Zgorzelec nach Wroclaw ist brechend voll. Wir kommen etwa dreiviertel fünf dort am Hauptbahnhof an. Jetzt machen wir uns erstmal auf die Suche nach einem Schlafplatz. Wir fragen wieder in einer Tankstelle nach, wo es zum Zentrum geht. Dialog der Angestellten: "Kommst Du aus Wroclaw?" – "Nö, Du?" – "Nö". Es folgt eine Odyssee durch das verregnete Wroclaw. Nach den Absagen von fünf Hostels sagt uns das sechste, dass das Hotel Trio noch Plätze hat. Das befindet sich am Stadtrand in der Plattenbausiedlung jenseits unseres Stadtplans. Das Hotel ist günstig, recht gemütlich und schließt die Räder im Keller ein. Top.
Wie immer auf unseren Reisen machen wir uns jetzt auf die berühmt-berüchtigte Suche nach ESSEN. Wir beschreiten Irrwege durch die Plattenbausiedlung. Wir fragen eine alte Frau mit einem Beutel voller Essen auf Russisch, wo man einkaufen kann. Sie meinte, sie wüsste es nicht. Mehr oder weniger durch Glück finden wir eine Filiale von Polska-Chata, die uns mit einem Abendessen und leckerem Zubr-Bier versorgt.
Sonntag, 31. Juli 2011
Wetter: Noch mehr Regen ...
Früh fahren wir zum Bahnhof Wroclaw Glowny und holen uns die Fahrkarten nach Krakow. Vor dem Bahnhof spricht uns ein polnischer Tourist an und es entsteht ein längeres Gespräch in einem deutsch-polnischem Mischmasch. Dem Klischee entsprechend holt der Tourist erstmal ne Flasche Zubrowka Biala heraus und gibt ne Runde. Zubrowka ist eine polnische Wodkamarke, in Deutschland bekannt als Grasovka, weil die Standardvariante leicht grünlich ist und einen Halm Bisongras enthält. Die Variante "biala" (polnisch: weiß) ist hingegen klar.). Dann hält er uns plötzlich ein Pfefferspray unter die Nase und legt uns ans Herz, uns auch eins zu kaufen, weil es in Krakow viele Räuber gibt, die es auf Touristen abgesehen haben. Das Ganze war etwas bizarr, weil der Mann nicht wie ein typisches Überfallopfer aussah sondern eher wie ein Täter: Tanktop, tätowiert übern ganzen Körper und das Gesicht voller Narben.
Nach dem Gepräch fahren wir mit dem Zug nach Krakow. Die Fahrt dauert viereinhalb Stunden und ist recht unspektakulär. Die Suche nach einem Hostel in Krakow gestaltet sich unerwartet unkompliziert und auch die Suche nach ESSEN ist kurz und schmerzlos – obwohl Sonntag ist.
Montag, 1. August 2011
Wetter: Wolken und Regen
Wir stehen auf und steigen roff offs Fahrrad in Richtung unseres ersten Etappenziels Nowy Wisnicz. Am Ring um die Krakower Innenstadt verbiegt sich die Gangschaltung von Christoph nach einem fiesen Attentat seiner Jacke, die sich darin verfangen hatte. Ein kurzer Griff zum Multitool und die Gangschaltung geht wieder. Das Multitool fixt alles. Weiter geht's.
Am Stadtrand von Krakow fängt die linke Pedale von Johannes an zu wackeln. In einem nahegelegenen Motorradgeschäft wird die Schraube zwar festgezogen, aber man empfiehlt uns, zum nächsten Fahrradgeschäft zu fahren. Wir machen uns auf zum "centrum rowerowy" (polnisch: Fahrradzentrum). Auf dem Weg fängt Johannes' Reifen an zu quietschen – Platter… Na, toll.
Im Fahrradgeschäft macht man uns keine Hoffnung für die Pedale. Bei der Schraube ist das Gewinde praktisch nich mehr vorhanden, dasselbe im Inneren der anderen Hälfte. Und auch die Pedale selbst ist völlig ausgenuddelt. Das Tretlager muss offenbar komplett ausgewechselt werden – soviel zur Radtour. Wir ziehen die Schraube provisorisch fest und wechseln den Reifen, aber keine zwei Minuten später ist er wieder platt.
Da das mit der Radtour erstmal nichts wird, wechseln wir das Motto:
"Mit dem Fahrrad durch Ost-Europa – per Zug"
Der Plan ist, morgen in die Ukraine zu fahren und danach weiter Richtung Rumänien zu ziehen. Für heute buchen wir uns erstmal im selben Hostel wie gestern ein.
Eine Nebenbemerkung zur Sprache: In den zwei Tagen in Polen haben wir festgestellt, dass es unmöglich ist, die polnische Sprache zu verstehen oder auszusprechen (selbst für Muttersprachler, so schien es). Hoffentlich wird das in der Ukraine besser…
Dienstag, 2. August 2011
Wetter: teils Sonne, teils Regen
In unserem Hostel haben wir lustige Nachbarn: vier polnische Waschneurotiker, die abends je zwee Ma in die Dusche sind und auch morgens dauernd das Bad besetzt haben…
Wir machen uns auf die Suche nach der nächsten Post, um eine Karte zu verschicken. Das gestaltet sich schwierig, da mal wieder keiner seine eigene Stadt kennt. Wir mussten dreimal Passanten fragen, bis wir sie gefunden hatten. Und die Passanten haben dann teilweise selber andere Passanten gefragt…
Am Mittag besteigen wir den Zug von Krakow nach Przemysl an der polnisch-ukrainischen Grenze. Der Zug ist brechend voll. Wir quetschen uns mit Rädern und Sachen irgendwie in den Gang und versperren so ziemlich allen den Weg. Schon zu Beginn der Fahrt haben wir eine Stunde Verspätung, nicht etwa wegen eines technischen Defekts, nein, sondern weil auf eine Schar Anschlussreisende gewartet wurde.
Während der Viereinhalb-Stunden-Fahrt stehen wir die meiste Zeit und weichen Passanten aus, die mit großen Reisetaschen und Kinderwagen in den Zug einsteigen. Es ist eng, aber wir haben einen schönen Ausblick über polnische Dörfer. Wir kommen etwa 18:30 Uhr an und 19:30 Uhr geht der Zug nach Lwiw (JS: auf deutsch: Lemberg) in der Ukraine. Nicht viel Zeit.
Przemysl ist ein hübsches kleines Städtchen. Wir besorgen uns erstmal Essen und Wasser, dann begeben wir uns wieder auf eine verzweifelte Suche, diesmal nach Fahrkarten. Irgendwie schaffen wir es, an der Passkontrolle anzukommen. Dort sagt man uns, dass die Kontrollen eigentlich nur bis 18:30 Uhr durchgeführt werden. Nach der Kontrolle sagt man uns, dass die Räder nicht mit in den Zug dürfen, weil Schlafwagen. Selbst nach einigem Hin und Her und trotz der Unterstützung durch die attraktive Zollbeamte in Flecktarn lässt man uns nicht mitfahren. Dolle Wurst…
Wir gucken auf den Plan und sehen, dass von Przemysl aus nur zwei Züge in die Ukraine fahren, beide bestehen nur aus Schlafwagen. Wir müssen uns also andere Weiterreisemöglichkeiten suchen. Während wir danach gucken, sprechen uns zwei freundliche Bahnhofsschutzmänner an. Wir fragen sie in einem Russich-Tschechisch-Mix nach Unterkünften hier und sie nennen uns zwei Adressen: zum einen das Hotel "Europejski", welches relativ teuer sein soll für polnische Verhältnisse, und noch ein anderes Hotel, wo unsere Räder aber ruckzuck weggewesen wären. Wir nehmen ersteres und zahlen lieber die zirka 20 EUR pro Nase und kriegen dafür unsere Räder weggeschlossen.
Erst im Hotel Europejski kommt uns der Gedanke, dass wir dem Schaffner am Bahnhof einfach 'nen Zwanni hätten zustecken können, damit er uns mitnimmt. Wir sind offenbar einfach zu ehrlich für diese Welt.
Mittwoch, 3. August 2011
Wetter: sonnig, leicht bewölkt
Als wir im Frühstücksraum des Hotels Europejski sitzen, spricht uns Frank an. Frank ist aus Wittenberg, aber schon vor einer ganzen Weile in die Ukraine ausgewandert. Er empfiehlt uns, das Rad in einem Laden hier reparieren zu lassen und mit dem Bus in die Ukraine zu fahren. Außerdem empfiehlt er uns, die Räder zu verkaufen und uns dafür in Odessa an den Strand zu packen.
Wir schaffen das Rad in die Werkstatt, wo es etwa 12:00 Uhr fertig sein soll. Die Wartezeit überbrücken wir in einem Internetcafé, um den Kontakt zur Außenwelt zu wahren und die weitere Route zu planen. Der neue Plan: rinn in den Bus und ab nach Lwiw.
Wir holen das Rad ab und gehen zur Bushaltestelle. Es fährt auch bald ein Bus – im Übrigen ein ausrangierter Überlandbus aus Deutschland. Unsere Räder werden quer auf die Sitze gepackt, wo sie zwischen den Kaffeemaschinen und dem riesigen Flachbildschirm unserer Mitreisenden mitfahren. An der Grenze zwischen Medyka (Polen) und Sehyni (Ukraine) folgen dann zwei Stunden Pass- und Gepäckkontrolle. Hinter uns sitzt ein quengelndes Kind, was ziemlich an den Nerven nagt.
Danach geht die Fahrt weiter durch die ukrainische Landschaft. Wir fühlen uns wie in einer anderen Welt. Überall sind weite Heiden, dunkle Wälder, in die man kaum mehr als zehn Meter reingucken kann und kleine Dörfer, wo hin und wieder Bewohner mit einer Kuh an der Leine die Straße entlang laufen. Im Bus herrscht munteres Treiben. Die Leute quatschen quer durcheinander in polnisch, ukrainisch und russisch. – Egal, wie sie angesprochen werden, sie antworten in ihrer jeweiligen Landessprache und werden dabei auch immer verstanden.
Nach etwa sechs Stunden im Bus kommen wir in Lwiw an. Also, fast in Lwiw. Der Bus setzt uns kilometerweit vom Stadtkern an einem Kreisverkehr ab und fährt weiter in Richtung Süden. Jetzt sind uns die Räder zum ersten Mal wirklich von Nutzen. Wir machen uns ganz gemächlich auf den Weg zum Zentrum.
Am Hauptbahnhof von Lwiw angekommen sprechen wir einen älteren Mann an, um unser Hostel zu finden. Als wir ihn fragen, ob er russisch spricht, fragt er nur zurück, ob wir nicht ukrainisch oder polnisch könnten. Am Ende sprechen wir doch russisch. Wie immer, wenn wir uns nach Wegen erkundigen, fragt der Passant weitere Passanten, bis eine kleine Menschentraube entsteht. Als der Mann eine Orientierung bekommen hat, führt er uns den ganzen Weg zu der Adresse von dem Hostel. Währenddessen zeigt er uns die Stadt und erzählt uns von sich und seiner Zeit als sowjetischer Soldat in Afghanistan. Übrigens heißt er Miroslaw. Er hat uns gleich auch seine Telefonnummergegeben.
Das Hostel, in dem wir unterkommen, ist recht alternativ. Es ist im Prinzip nur eine Wohnung, die mit 14 offenbar selbstgezimmerten Doppelstockbetten zugestellt wurde. An den Wänden hängen Leninposter und alte deutsche Zeitungen. Es gab eine kleine Küche und ein kleines Bad für alle. Von außen erinnert das Gebäude stark an eine Ritterburg mit einem Turm und Zinnen.
Wir haben kaum Wasser und noch kein Geld in der Landeswährung. Da es bereits Abend ist (plus eine Stunde Zeitverschiebung), haben alle Banken und Wechselstuben geschlossen. Das Hostel können wir auch morgen bezahlen. Dafür muss Christoph aber seinen Reisepass als Pfand da lassen. Wir versuchen verzweifelt, Wasser für unsere Euros zu kriegen, aber obwohl wir einen 5-Euro-Schein für eine Flasche Wasser bieten, bleiben die Verkäuferinnen hart.
Die Räder haben wir mit hoch genommen und direkt an das Bett gekettet.
Donnerstag, 4. August 2011
Wetter: sonnig und warm
Morgens nach dem Aufstehen laufen wir erstmal zum Zentrum, um Geld zu holen, damit wir uns Wasser kaufen können. Dabei fällt uns auf, dass auf Läden nie steht, was sie sind, sondern was sie haben. Es gibt keine "Bäckereien", "Buchläden" oder "Tante-Emma-Läden". Stattdessen steht da "Chlib" (= Brot), "knyhy" (= Bücher) oder "produkty" (= Lebensmittel).
Die Stadt ist sehr weitläufig. Egal, wo man hin will, man läuft ewig, um von A nach B zu kommen. Wir finden eine Wechselstube und tauschen all unsere Zloty in Griwna. Anschließend geht’s direkt zum Buchladen, wo wir uns je ein Ukrainischwörterbuch kaufen. Danach holen wir uns das lang ersehnte Wasser. Die vielen Tante-Emma-Läden sind keine Selbstbedienungsläden, sondern man fragt die Bedienung nach den Waren. Problem: Wenn man nach Wasser fragt, kommt als Antwort: "Welches?". Es ist dabei schwierig, verständlich zu machen, dass einem das eigentlich egal ist.
Danach tingeln wir weiter gemütlich durch die Stadt. Wir kaufen uns Brot, Milch und ein Eskimo-Eis. Nachdem wir das gegessen haben, gehen wir in die Altstadt. Dort suchen wir uns eine Post und schreiben zusammen insgesamt fünfzehn Postkarten in die Heimat.
Jetzt müssen wir unsere Weiterfahrt planen. Dafür gehen wir zum Bahnhof. Etwa 14:00 Uhr fährt ein Bus nach Uschgorod in der Nähe der Grenze zu Ungarn. Ma gucken, wie das klappt.
Auf dem Rückweg zum Hostel kaufen wir uns auf dem Gemüsemarkt noch eine Honigmelone (3 kg für 15 Griwna, etwa 1,30 EUR). Dann verlaufen wir uns erstma tierischst und müssen wieder rumfragen. In einer kleineren Versicherungsfiliale fragen wir jemanden, der fünf Minuten lang auf Ukrainisch mit uns redet und auf unserem Stadtplan rumkritzelt. Merke: die Menschen hier sind sehr hilfsbereit, kommen aber nicht auf den Punkt.
Im Hostel kommt erstmal ein Pflaster auf die gelaufene Blase. Dann geht’s noch schnell Trinken und Brot für morgen holen. Danach wir im Hostel fürstlich gespeist. Es gibt Fertigsuppen aus der Tüte und besagte Honigmelone. Die war im Übrigen sehr süß, sehr saftig und sehr lecker. Unser Zimmernachbar aus dem United Kingdom (klar erkennbar am Akzent) lädt uns ein, mit in irgendeine Touristenbar zu gehen, was wir aber ausschlagen. Aus dem ursprünglichen Plan, in Lwiw in eine originale Russendisko zu gehen, wird wahrscheinlich auch nichts. Überall gibt’s face control und mit unseren Turnschuhen und zerrissenen Hosen wären wir massiv underdressed…
Natürlich haben wir uns auch etwas Kwas gekauft, russische Brotlimonade. Schmeckt schon geil, das Zeug.
Freitag, 5. August 2011
Wetter: warrrm
Früh verschenken wir erstmal die Flasche "Medoff"-Wodka, die wir gestern geholt hatten. Das Zeug ist echt bärze. Naja, unseren englischen Zimmernachbarn freut’s.
Wir latschen zum Bahnhof, um unsern Bus zu erwischen. Da wir noch Zeit haben, chillen wir erstmal ne Stunde bei ner Flasche Kwas. Danach suchen wir den Busplan. Dabei spricht uns ein Mann an und empfiehlt uns, den anderen Bus nach Uschgorod vom Busbahnhof aus zu nehmen. Er sucht weit und breit nach einem Taxifahrer, der unsere Räder mitnimmt. Nachdem wir festgestellt hatten, dass wir samt Rädern nicht in den alten Lada passen, wird uns ein Audi-Kombi vorgefahren. Wir quetschen uns auf die eingeklappte Rückbank zwischen Fahrräder, Fahrer, Tür und Dach – der Nacken hatte seine Freude dabei… Diese Fahrt kostete dann 100 Griwen (zirka 9 EUR).
Am Busbahnhof müssen wir den Busfahrer trotz bereits gekaufter Fahrkarte erstmal überzeugen, uns überhaupt mitzunehmen. Am Ende kosten die Räder nochmal 100 Griwen extra. Wir zwängen die Räder irgendwie kreuz und quer in die letzte Sitzreihe, dann geht’s los. Beim ersten Halt steigen nacheinander vier Bettelkinder ein und fragen rum nach ein paar Kopekchen. So in feuchte Kinderaugen gucken zu müssen, ist nicht gerade angenehm.
Mitten in den Karpaten bleibt auf einmal der Bus stehen und es kommt Rauch aus dem Motor. Die Fahrer machen zehn Minuten Pause, rauchen eine und kippen Mineralwasser auf den Motor zum Kühlen. Dann geht’s weiter. Auf der Fahrt spricht uns der Mann von der Sitzreihe neben uns an, ob er unsere Fahrräder kaufen könnte. Wir lehnen dankend ab.
Die Fahrt dauert insgesamt sechseinhalb Stunden. Wir fahren durch eine malerische Landschaft mit weiten Hügel, kleinen Kuhkäffern und kegelförmigen Strohballen so weit das Auge reicht. Mehrmals gehen wir hinter und reichen Kisten runter, die die Einheimischen im Bus transportieren. Während der ganzen Fahrt läuft ein und dieselbe CD mit sehr heimatverbundenen ukrainischen Schlagern. Das ist sechseinhalb Stunden am Stück kein Zuckerschlecken …
In Uschgorod sehen wir, dass der andere Bus aus Lwiw fast zeitgleich ankommt und auch genauso groß ist. Offenbar hat uns der Mann am Lwiwer Bahnhof verarscht, damit wir schön fürs Taxi bezahlen. Fail. Wir begeben uns auf die Suche nach einem Hotel. Wir finden das "Zakarpattja", ein Drei-Sterne-Plattenbau-Hotel.
Preise:
Doppelzimmer: 180 Griwen = 16 EUR
Fürstensuite: 550 Griwen = 50 EUR
Im Nachhinein hätten wir die Fürstensuite nehmen sollen. Die 25 EUR pro Nase sind nicht viel mehr, als was wir in Przemysl für das Hotel bezahlt haben. Wir nehmen aber ein Doppelzimmer im elften Stock. Das ist einfach und unaufgeräumt, aber für unsere Zwecke (Essen und Schlafen) völlig ausreichend. Die Fahrräder schieben wir einfach auf den Balkon. Von dem Balkon aus hat man auch eine ganz passable Aussicht.
Samstag, 6. August 2012
Wetter: heiß und sonnig
Am Morgen nach dem Aufstehen begegnet uns in einem Glas die Hinterlassenschaft unserer Vormieter: ein benutztes Kondom. Es ist ja schön, dass die sich liebhaben, aber man hätte es wenigstens entsorgen können. "Zimmerservice" ist in der unteren Preisklasse anscheinend auch ein Fremdwort.
Wir beschließen nach einer Recherche im Internet, einfach mit dem Rad über Tschop nach Ungarn zu fahren.
Ursprünglich war der Plan, mit dem Zug nach Rumänien zu fahren, aber Verbindungen von hier sind einfach, auf Deutsch gesagt, zu beschissen.
Im Foyer spricht uns eine Russin an, ob wir das W-LAN bei an ihrem Laptop einrichten können, aber selbst Johannes, der eigentlich Ahnung von so etwas hat, ist mit solch einem Laptop überfordert. Kann aber auch an der Sprachbarriere gelegen haben.
Vor der Abfahrt versuchen wir in einem nahe gelegenen Supermarkt die paar Griwen, die wir noch haben, zu verprassen. Es ist aber nicht möglich.
Wir haben gerade mal 80 Griwen (zirka 7 EUR) ausgeben können, mehr konnten wir nicht tragen.
Endlich machen wir uns auf den Weg nach Tschop. Das geht relativ schnell voran, leicht bergab und mit Rückenwind.
Noch in Uschgorod rennt Christoph ein schwarzer Hund hinterher und schnappt nach seinem Fahrrad. Zum Glück dreht das Vieh bald ab. Die teilweise verwilderten Hunde sind, wie wir feststellen, ein Problem in ganz Osteuropa.
Irgendwann, kaum merklich, verwandelt sich unsere kleine Landstraße in eine mehrspurige Schnellstraße. Jetzt, völlig ohne Landkarte unterwegs, haben wir die Wahl: links geht es vielleicht nach Tschop, geradeaus auf der Schnellstraße zur Grenze. Nach kurzem Überlegen entscheiden wir uns für die Grenze. Unser Ziel für heute lautet Ungarn.
Der Grenzübergang auf der Straße scheint ausschließlich für Pkw und Lkw gedacht zu sein. Wir fragen den Soldaten, der die Autos abfertigt, höflich auf Russisch, ob wir mit den Rädern rüber kommen können. Einfach so die Grenze zu überqueren trauen wir uns nicht. Der Grenzer mustert uns kurz und winkt uns schließlich zur Passkontrolle durch.
Unsicher laufen wir an der riesig langen PKW-Schlange einfach vorbei (Ist das eigentlich vordrängeln?) direkt zur Passkontrolle.
Dort angekommen machen sich die Grenzer einen Spaß mit uns und fragen, warum wir über die Genze wollen. Wir antworten, dass wir Deutsche sind und in Richtung Heimat unterwegs sind, worauf sie lachen. Dann sagt man uns: "Mit Fahrrädern hier rüber ist unmöglich" und stempelt, nach kurzem Warten, ob wir nicht doch noch Schmiergeld zahlen, die Papiere.
Die Güterkontrolle schon auf der ungarischen Seite besteht nur aus der Frage "Was ist in den Taschen?" "Vorsichtshalber verschweigen wir unseren polnischen Zubrowka-Wodka, damit wir nicht extra unsere Taschen abbauen müssen.
Als Johannes an einem Auto mit Münchner Kennzeichen vorbei läuft, ruft er erfreut ein kurzes "Freundschaft!" hinein, aber statt einer deutschen Antwort kommt nur ein verwirrtes russisches "Tschewo?" (= "Was?").
***
Vielleicht war es ein geklautes Auto?
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